abstrakte Malerei


Die Bilder von Dirk Jakobs bannen den Betrachter. Durch die kräftigen Farben, durch die eigenwilligen Kompositionen ziehen sie seine ganze Aufmerksamkeit auf sich. Ohne Umweg über kognitive Reflexion sprechen sie direkt Gefühle und Fantasien an, in den sich der Betrachter verlieren und finden kann.

Sie sind intuitiv lesbar, verständlich. Doch sie sind weit mehr als ein visueller Augenschmaus. Die komplexen Bedeutungsebenen erschließen sich zunehmend in der intensiven Auseinandersetzung mit der schriftlichen Zugabe, die Dirk Jakobs bereithält.

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Er lässt den Betrachter nicht im Ungewissen und ergänzt sein malerisches Werk durch seine Schriften über seine Malerei, die Kunst und das Leben. Erst durch Berücksichtigung dieser beiden Komponenten ist ein tiefes Verstehen seines Werkes möglich.

Ist es ungewöhnlich, dass ein Künstler sich selbst über seine Werke äußert, eine Selbstinterpretation wagt und den Betrachter zum Verständnis seiner Bilder anleitet?

Nein, keineswegs. Die Kommentierung der eigenen Werke ist eine integrale Komponente des künstlerischen Schaffens. Ob durch Sprechen, Schreiben oder demonstratives Schweigen: Der Künstler ist nie nur Maler oder Bildhauer, sondern ein kommunikatives Wesen und auf Austausch bedacht. Die Erläuterung der eigenen künstlerischen Konzeption ist als authentische Quelle zum Verständnis von unschätzbarem Wert. Wer kann ein Werk besser, genauer erklären als der Künstler selbst? Künstlerische Statements bilden heute oft die Grundlage zum Verständnis komplizierter Bezüge und sie taten es, lange bevor im 19. Jahrhundert die neue geisteswissenschaftliche Disziplin der Kunstgeschichte ihr ordnendes und vermittelndes Werk begann.

Gerade in Zeiten des Wandels fühlten sich Künstler aufgefordert, ihre Position darzulegen

Das Werk eines Künstlers erschöpft sich selten im Ausdruck auf der Leinwand, viele Künstler entfalten ihre Kreativität auch in einem anderen Medium: Der Schrift. In Briefen, Kommentaren und Manifesten äußerten die Künstler zu allen Zeiten ihre Ideen und Visionen über Kunst im Allgemeinen und über ihr eigenes Werk im Besonderen.

Gerade in Zeiten des Wandels fühlten sich Künstler aufgefordert oder gar genötigt, ihre Position darzulegen und zu erklären. Es waren die Pioniere einer neuen Zeit, einer neuen künstlerischen Ausdrucksweise, die mit schriftlichem Nachdruck ihre Ideen um- und durchsetzten. So setzten sie frische Impulse und führten die Kunst zu neuen Ufern.

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Oft gegen die jeweils gängige Vorstellung, was Kunst und was ein Künstler zu sein hat. Wo wäre die Kunst ohneLeonardo Da Vincis Trattato Della Pittura, in dem er Ende des 15. Jahrhunderts grundlegende Gedanken über die technischen Probleme der Malerei ausführlich behandelte? Das Verständnis von Licht und Schatten, die Ästhetik der Proportionen: Absage an die beherrschenden christlichen Normen, Hinwendung zur technisch-wissenschaftlichen Erkenntnis, Basis für die Malerei bis heute. Und wo wäre die Malerei ohne Leon Battista Alberti, der die Perspektive, die Illusion der Tiefenräumlichkeit mit seiner AbhandlungDe Pictura (1435/36) in die Kunst einführte und entscheidenden Einfluss auf die Malerei der Renaissance nahm?

Wo wäre sie ohne Albrecht Dürers Proportionslehre (1528), die er in seinen Bildern immer wieder vorzüglich einzusetzen wusste? Die Schrift als adäquates Mittel zur Widerlegung und Korrektur geläufiger autoritärer Thesen: Mit der Erfindung des Buchdrucks ließ sich die Wirkung der künstlerischen Emanzipation potenzieren.

Ein rotes Tuch für viele Künstler

Der bürgerliche Kunstsinn des 19. und 20. Jahrhunderts: Ein rotes Tuch für viele Künstler, die sich ausdrücklich in Bild und Wort von dessen vermeintlicher Oberflächlichkeit distanzierten. In provozierenden Manifesten proklamierten sie neue Wege für die Malerei, die durch die Etablierung der Fotografie von ihrer starren Abbildfunktion befreit war. Mit Pinsel und Stift beschleunigten sie Verständnis und Anerkennung fortschrittlicher ästhetischer Stilrichtungen, veränderten den Blick auf Welt und Leinwand mit leidenschaftlichen Plädoyers für die Wahrheit der Kunst: Die Futuristen beschrieben und malten vibrierende Straßenszenen, glorifizierten die Geschwindigkeit, die Expressionisten formulierten die Freiheit von Farbe und Form. Die Fauvisten wollten zur ursprünglichen Reinheit der Farbe zurückkehren, das Bauhaus suchte, durch die Architektur dem Neuen Menschen zur Entfaltung zu verhelfen. Dada wendete sich gegen die bürgerliche Werte und Wassily Kandinsky legte mit seiner kunsttheoretischen Schrift ‚Über das Geistige in der Kunst’ (1912) die Grundlage für die Abstraktion.

War die Abstrakte Kunst immer einer natürlichen Vorlage verbunden, deren Form und Farbe auf der Leinwand vom Original abwichen, abstrahiert wurden, stützte sich die Konkrete Kunst auf geistige Modelle. Theo van Doesburg, der 1924 den Begriff der Konkreten Malerei prägte, fand in geometrisch-mathematischen Kompositionen das visuelle Äquivalent zur Klarheit des Geistes.

Dirk Jakobs erobert bislang nahezu unberührtes Terrain. Dirk Jakobs’ Arbeit steht in der Tradition dieser zwei vermeintlich gegensätzlichen Stilrichtungen, ihm gelingt die Quadratur des Kreises: Seine Bilder sind abstrakte Manifestationen konkreter Ideen. Konkrete Ideen, die wiederum um abstrakte Begriffe wie Opportunity,Pressure und Communination kreisen, sie aus der Gedankenwelt auf die Leinwand bitten. In der Serie IMAGO 2007 überführt er psychoanalytische Modelle in die Malerei, verquickt Wissenschaft und Kunst zu einer neuen ganzheitlichen Größe. Hatte die Methode der Psychoanalyse die Kunst besonders in Österreich und Deutschland Anfang des 20. Jahrhunderts nachhaltig geprägt, findet sie heute eher in der körperzentrierten Aktionskunst ihren Widerhall. Die konkreten Modelle, die ihr zugrunde liegenden geistig-intellektuellen Konstruktionen, waren hingegen selten ein Thema in der Malerei. Dirk Jakobs erobert bislang nahezu unberührtes Terrain, füllt es meisterhaft aus. Die Technik der Dekalkomanie, die er für IMAGO 2007 bewusst einsetzt, erlaubt die Realisierung von Spiegelungen, die im Gedankenkonstrukt der psychoanalytischen Methode enthalten sind. Mit dem Abklatschverfahren werden sie offensichtlich. Eine künstlerisch-ästhetische Neuinterpretation und Weiterentwicklung mit aktueller Bedeutung, ist die Psychoanalyse doch heute gängiges Mittel zur Lösung persönlicher Fragestellungen.

Die Bilder von Dirk Jakobs haben einen philosophischen und kunsthistorischen Tiefgang. Ein komplexes Geflecht aus Bezügen, Rückgriffen und Ausblicken, aus Evaluation, Reflexion und Konsequenz verbirgt sich in seinen Arbeiten und wird doch unmittelbar deutlich. Was den Betrachter seiner Bilder unbewusst anspricht, spricht Dirk Jakobs in seinen schriftlichen Mitteilungen noch einmal explizit aus.

IMAGO: Ein Begriff, drei Bedeutungsebenen.Was bedeuten sie? Warum gerade dieser Begriff? In welcher Beziehung steht er zu der Bilderserie? Worum geht es Dirk Jakobs? Was möchte er vermitteln? Was auf keinen Fall? Wie kann er durch seine Bilder Menschen zu Erkenntnissen führen? Welche Prozesse sind möglich, notwendig? Und: Was vermag die Kunst?

Dirk Jakobs bleibt keine Antwort schuldig. Selten ist heute ein Künstler so großzügig, so bereitwillig wie er, wenn es darum geht, die eigene Arbeit zu vermitteln. Ohne Umweg wendet er sich direkt an den Betrachter und liefert wertvolle Informationen. Nicht als lärmendes Manifest, sondern als Bedürfnis, als Ausdruck seines künstlerischen Selbstverständnisses und als Freundschaftsdienst an sein Publikum.

Behutsam und eloquent leitet er durch sein Werk, ohne den Blick auf das Bild einzuengen. Farben und Worte: Ein Gesamtkunstwerk, ein umfassender Einblick in Kunst und Leben, mit persönlicher Note und universeller Strahlkraft.